Der Zöbinger Heiligenstein ist unbestritten der König der Kamptaler Weinberge.

Der Zöbinger Heiligenstein ist unbestritten der König der Kamptaler Weinberge.
© ÖWM / WSNA

Weinbaugebiete Österreich: Sprudelnd innovatives Kamptal

Das Kamptal läuft vom Norden kommend dem Donaubecken zu und wird im Westen vom Weinbaugebiet Kremstal und im Osten vom Wagram begrenzt. Mit fast 3.600 Hektar Rebfläche zählt es zu den größeren Herkünften in Niederösterreich. Bereits seit 15 Jahren sind hier Riesling und Grüner Veltliner mit dem DAC verfügbar. Neben den mineralisch geprägten Stillweinen ist das Gebiet für seinen ausgezeichneten Sekt-Austria-Qualitäten bekannt.

Ein geologisches Quartett begleitet das etwa 150 Kilometer lange Flüsschen Kamp auf dessen Weg vom kühlen Waldviertel bis zu seiner Mündung in die Donau im warmen Tullner Becken. Die vier Gesteinsarten Löss, Schotter, Sandstein und Konglomerat bilden die Basis für ein buntes geologisches Puzzle, das sich über das ganze Gebiet verteilt und von einstigen Meeren und Vulkanen, von urzeitlichen Verlagerungen von Flussbetten und von Anwehungen von Flugstaub während der Eiszeiten zeugt. Neben diesem individuellen Bodengemenge sorgt ein spezielles Kleinklima für Frische und ausgeprägte Aromatik in den Trauben. Das Spiel zwischen der Hitze am Tag und den eher zurückhaltenden Nachttemperaturen verleiht den Trauben große aromatische Finesse und eine spritzige Säure, und so wird schließlich die Dynamik zwischen dem heißen, pannonischen Becken im Osten und dem kühlen Waldviertel im Nordwesten in jedem einzelnen Kamptaler Wein bemerk- und erkostbar.

Das seit dem Jahrgang 2008 bestehende Herkunftssystem Kamptal DAC ist den beiden Leitsorten Grüner Veltliner und Riesling vorbehalten und hat als Grundlage eine dreistufige Pyramide: Diese besteht aus dem Gebietswein mit einem Alkoholunterwert von 11,5 Prozent, dem Ortswein ab zwölf Prozent und dem Riedenwein mit mindestens 12,5 Prozent Alkohol am Etikett – alle drei Kategorien sind für trockene Weine vorgesehen. 

Rund 40 Rebsorten

Die ersten beiden Gruppen können ab dem 1. Jänner des auf die Ernte folgenden Jahres zur Prüfnummer eingereicht werden, Riedenwein ab dem 1. März. Soll ein Wein die Bezeichnung Kamptal DAC Reserve tragen, dann beträgt der Mindestalkohol 13 Prozent und er muss bis zum 1. Juli reifen, bevor die Prüfnummer beantragt werden kann. Nur bei der Reserve ist ein Geschmacksprofil zulässig, das eine zarte Botrytisnote oder einen Holzton aufweist. Für alle anderen als die beiden genannten Sorten darf die Herkunft Kamptal nicht auf dem Etikett verwendet werden, Orts- und Riedbezeichnung hingegen sehr wohl.

Immerhin rund vierzig unterschiedliche Rebsorten bevölkern die Kamptaler Weinberge. 82 Prozent davon sind Weißweinsorten, die übrigen 18 Prozent sind rot, denn saftig-fruchtige Rotweine haben hier Tradition. Es dominiert der Grüne Veltliner mit nicht weniger als 55 Prozent der Rebfläche, schon auf Platz zwei folgt mit dem Blauen Zweigelt der rote Platzhirsch – mit 13 Prozent. Mit zehn Prozent ebenfalls noch im zweistelligen Bereich liegt der edle Riesling auf dem dritten Rang in der Gunst der Böden. Platz vier mit fallender Tendenz geht an Müller-Thurgau, knapp dahinter rangieren Chardonnay und Weißburgunder. 

Und weil die Kamptaler Winzer bekannt sind für ihren Pioniergeist, findet man auch mehrere neue Namen: Pilzwiderstandsfähige Sorten, PIWIs genannt, haben hier bereits früh Einzug gehalten. So etwa der rote Roesler, der Blütenmuskateller, Muscaris und Souvignier Gris und zuletzt der fruchtig-frische Donauriesling.

Traumstoff, Schaumstoff

Mehr als zwanzig Winzer des Kamptals widmen sich der Kunst des Sektmachens, eine Entwicklung, die hier vor über dreißig Jahren ihren Anfang nahm. Heute entsteht eine enorme Vielfalt an Stilen, es wird dabei ein sehr individueller Ansatz gepflegt. Die Mehrheit der perlenden Produkte gehört in die heimische Spitzenkategorie Sekt Austria, aber auch in Sachen Pet Nat gehört das Kamptal zu den Vorreitern. Überrascht wird der Sektfreund durch eine große Zahl von unterschiedlichen Rebsorten, die man als Grundwein verwendet und in schäumenden Trinkspaß weiterveredelt. Neben den klassischen französischen Burgundersorten in Weiß und Rot, mit denen man gekonnt auf den Spuren des Champagners wandelt, kommen auch andere Varietäten zum Einsatz, etwa der Riesling, Muskateller oder Traminer. Bei den Pétillant Naturel, kurz Pet Nat genannt, werden durchaus auch alte Sorten wie Neuburger oder Blauer Portugieser erfolgreich erprobt. Bei dieser uralten Form der Schaumweinproduktion werden gärende Moste direkt vom Tank in die Flasche gefüllt, dort gären sie dann zu Ende. Dadurch entsteht ein völlig neues Geschmacks- und Geruchsspektrum. Kein Zweifel, hier kommt jeder Genießer auf seine Kosten, die Palette reicht vom jugendlich fruchtigen Naturell bis zur langjährig auf der Flasche perfekt gereiften Großen Reserve. 

 Tolles Serviceangebot

Nicht weniger als 57 Kamptaler Weingüter bilden das Herzstück der Gebietsvinothek »Ursin Haus« in Langenlois, die im Jahr 2023 von Falstaff als beste ihrer Art in Österreich ausgezeichnet wurde. Hier kann man die Weine verkosten und zum attraktiven Ab-Hof-Preis auch erwerben. Die Palette reicht von Traditionsbetrieben bis zu Quereinsteigern, von vielversprechenden Jungwinzern bis zu etablierten Spitzenwinzern, von Familienweingütern bis zu Großbetrieben mit mehr als 100 Hektar Weingartenfläche. Darüber hinaus fungiert das »Ursin Haus« auch als Tourismusbüro, das dem Weininteressierten bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite steht. 

Eine weitere Attraktion für den Wein­tourismus wurde mit dem Weinmuseum »Loisium« geschaffen, oberirdisch ein futuristisches Besucherzentrum samt Vinothek, unterirdisch ein mystisch inszeniertes Weinerlebnis mit Licht und Ton entlang jahrhundertealter Gänge. 

Neben der Stadt Langenlois mit den dazugehörigen Orten Schiltern, Gobelsburg, Haindorf und Zöbing und der bedeutenden Weinbaugemeinde Straß im Straßertale sind viele kleinere Weinorte wie Etsdorf, Hadersdorf, Kammern, Lengenfeld oder Schönberg zu nennen. Hier warten Gasthöfe, Weinlokale und Heurige, aber auch zahlreiche Kellergassen mit ihren Festen auf den weininteressierten Gast, der sich das Kamptal vorzugsweise errradelt oder erwandert. Die landschaftliche Schönheit der Region kann man am besten von den verschiedenen Aussichtspunkten überblicken, wie die Kamptalwarte auf dem Heiligenstein bei Zöbing oder von der Aussichtsplattform Gobelsburg in der Gobelsburger Ried Spiegel. 

© Stefanie Hilgarth / carolineseidler.com

Winzer

empfohlene Produzenten

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Weingut Bründlmayer, Langenlois
bruendlmayer.at


Weingut Schloss Gobelsburg, Gobelsburg
gobelsburg.at


Weingut Johannes Hirsch, Kammern
weingut-hirsch.at

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Weingut Allram, Straß im Straßertale
allram.at


Weingut Kurt Angerer, Lengenfeld
kurt-angerer.at


Weingut Ludwig Ehn, Langenlois
ehnwein.at


Weingut Eichinger, Straß im Straßertale
weingut-eichinger.at


Weingut Hiedler, Langenlois
hiedler.at


Weingut Jurtschitsch, Langenlois
jurtschitsch.com


Weingut Fred Loimer, Langenlois
loimer.at


Weingut Steininger, Langenlois
weingut-steininger.at


Weingut Topf, Straß im Straßertale
weingut-topf.at

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Weingut Peter Dolle, Straß im Straßertale
dolle.at


Weingut Leindl, Zöbing
weingutleindl.at


Weingut Rudolf Rabl, Langenlois
weingut-rabl.at


Weingut R & M. Waldschütz, Elsarn im Straßertale
weingut-waldschuetz.at


Weingut Weixelbaum, Straß im Straßertale
invinoweix.at

Die Sternebewertung der ausgewählten Weingüter ist dem Falstaff-Weinguide Österreich 2023/24 entnommen.
Infos zur Region finden Sie unter weinkultur-kamptal.at.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2024

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Peter Moser
Peter Moser
Chefredakteur Wein
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