John Reves

John Reves
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Göttliche Genüsse aus der Klosterküche

Der ukrainisch-griechisch-katholische Priester John Reves war in verschiedenen Klöstern Griechenlands zu Gast und hat dort nicht nur gebetet, sondern auch von den traditionellen Speisen gekostet.

»Fastenspeisen sind zwar asketisch, doch sie schmecken keineswegs traurig«, sagt John Reves mit einem wissenden Nicken. Dafür hält die griechische Küche viel zu viele Kräuter und Gewürze bereit. Der ukrainisch-griechisch-katholische Priester und Leiter des Zentrums für Ostkirchliche Spiritualität in Salzburg hat eine Passion für monastisches Leben in allen Facetten. Und für aromatische, traditionelle Klosterküche.

In Griechenland war er in verschiedenen Männerklöstern zu Gast, hat dort gebetet und gekostet. Schlicht anmutende Gerichte, die er dort kennengelernt hat, blicken oft auf eine lange Geschichte zurück. Sie haben über die Jahrhunderte hinweg die Kulinarik und Kultur eines ganzen Landes geprägt. Bohnen, Tomaten, Kritharaki-Nudeln, wilder Oregano und jede Menge Oliven: Diese Zutaten haben sich tief in das kulinarische Gedächtnis Griechenlands eingeprägt und sind zu Exportschlagern für Europa und die Welt geworden. Nationalgerichte wie »Anginares« (Artischocken mit weißen Bohnen, Zwiebeln, Dill und Zitronensaft) oder Fesolada, die berühmte Bohnensuppe, sind weder aus Klosterküchen noch aus Fastenzeiten wegzudenken. Und derer gibt es so einige in der Ostkirche.

Pflanzliche Kost ist das Fasten-Ideal

»Während der großen Fastenzeit 40 Tage vor der Karwoche, den drei anderen Fastenzeiten im Jahr sowie mittwochs und freitags gibt es in der Regel nur vegane Speisen. Auch Fisch ist dann für all jene, die sich streng an die Regeln halten, tabu. Butter und Käse ebenfalls«, berichtet John Reves. Griechische Mönche, Nonnen sowie besonders gläubige Menschen sind passionierte Teilzeit-Veganer und essen generell nichts, das mit Blut in Berührung gekommen sein könnte. Auch, wenn das Gyros am Drehspieß außerhalb der Klostermauern noch so verlockend duftet. »Nach biblischer Erzählung aus dem Buch Genesis ist es dem Menschen nicht gegeben, Fleisch zu essen«, lautet ein Argument für die vegane oder zumindest vegetarische Küche. Die komplett pflanzliche Kost wäre demnach das Fasten-Ideal für all jene, welche die Regeln akribisch auslegen. »Das ist zumindest der Stern, das Ziel, dem wir nahekommen wollen«, sagt der Priester. Er selbst esse – freilich außerhalb der Fastenzeiten – gelegentlich Fleisch. Fisch und Meeresfrüchte seien an Wochenenden stets auf dem Tisch willkommen, Olivenöl und Feta sowieso.

Apropos Feta: Auf dem Berg Ossa in der Region Thessalien, etwas mehr als 1000 Meter über dem Meer, liegt das Nonnenkloster des Heiligen Johannes. Die griechisch-orthodoxen, geweihten Frauen halten ein paar Kühe, dazu Schafe und Ziegen. Aus der Milch stellen sie Joghurt her, Kefir und herrlichen Käse. Neben dem bekannt-beliebten Feta produzieren sie auch die festeren Sorten Kaseri oder Graviera. Auf den 30 Hektar, die sie bewirtschaften, ernten sie darüber hinaus Obst und Gemüse. Blattsalate, Spinat, Bohnen, Kartoffeln. Ihre Arbeit verrichten sie im Einklang mit der Natur. Statt auf Insektizide zu setzen, sammeln sie Kartoffelkäfer und andere Plagegeister auf den Feldern per Hand ein. Was ihnen die Olivenbäume zur Erntezeit schenken, pressen sie zu gelbgrünem Öl. Damit produzieren die Nonnen vieles von dem, was sie benötigen, selbst. Sie sind also nicht nur weitgehend autark, sie wissen auch genau, was in ihre Töpfe und auf die Teller kommt.

Schnelle Küche

Die Schlichtheit der vegetarisch-veganen Mittelmeerküche hat den Wahl-Salzburger John Reves bei jedem seiner Besuche in seinen Bann gezogen. Sein Lieblingsrezept, das er von seinen Reisen in Klöster mitgebracht hat, ist zu Hause ganz einfach umzusetzen. Hauchdünn gehobeltes Gemüse – Karotten, Pastinaken, Kartoffeln, Stangensellerie – mit Zwiebeln, Knoblauch und Bergkräutern verfeinert im Ofen gebacken. Dafür ist keine hohe Kochkunst vonnöten. »In der Kloster- und Fastenküche ist vielmehr wichtig, dass die Gerichte nicht umfassend elaboriert, sondern schnell umgesetzt sind und ihre Zubereitung nicht viel Zeit braucht«, sagt er, »denn genau diese Zeit ist kostbar.« Nach Ansicht der Geistlichen ist diese beim Gebet nämlich viel besser investiert als am Herd.

Und wie steht es um Süßigkeiten in den Fastenzeiten? Hier unterscheiden sich die Traditionen besonders stark. Während Katholiken in der Fastenzeit  vor Ostern mit großer Hingabe auf Süßigkeiten verzichten, gehört Süßes vor allem für die orthodoxen Griechen das ganze Jahr über dazu. Im Sinne der schnellen und einfachen Küche sind Nüsse und getrocknete Früchte der ideale Snack, gelangen sie doch ganz ohne Zubereitungszeit in hungrige Hände. John Reves: »Süßes wie Baklava passt wunderbar ins ostkirchliche Konzept, solange zwischen den Filo-Teig-Blättern keine Butter, sondern nur Wasser für den guten Zusammenhalt ist!«

In seinem Postkasten steckte kürzlich Georgina Hayden's Kochbuch mit Titel »Nistisima«, dem griechischen Wort für Fastenspeisen. Reves schwärmt von köstlich-klebrigem Halva mit Pistazien und Sesam, während die Autorin beweist, dass Verzicht und Genuss sich nicht ausschließen müssen. Im Gegenteil: Was hierzulande trendy ist und schmeckt – Mandelmilch etwa – ist im Alltag vieler orthodoxer Regionen und Kulturen seit Generationen tief verankert. Mit pflanzlichen Alternativen zu Kuhmilch lässt sich übrigens vortrefflich der griechische Klassiker »Milopita« backen, ein Apfelkuchen, der bei Hayden Kindheitserinnerungen weckt und ihr den Duft aus der Küche ihrer Mutter zurück in die Nase bringt.


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Michaela Hessenberger
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